157. Sitzung

Kantonsrat (KR)
Titel157. Sitzung
TypKantonsrat
Datum24.1.2022
Zeit-
Traktanden
Nr.Titel
437/2021Viel zu lange Dauer für die Bearbeitung von Stipendiengesuchen
438/2021Tiefenlager und Tiefengrundwasser – ein noch nicht erforschter Nutzungskonflikt im Untergrund: abklären und dann entscheiden oder umgekehrt?
298/2020Standesinitiative zur Mitbeteiligung des Bundes an den Ertragsausfällen und Mehrkosten der Spitäler und Kliniken durch COVID-19
230/2018Bewilligungsverfahren in Tierversuchen
5754Für eine kostendeckende Finanzierung der Gerontopsychiatrie in Heimen
358/2017Öffentliche Ausschreibung der Triagestelle (Gesundheitsgesetz)
359/2017Wahlfreiheit statt Zwang im Gesundheitsgesetz
360/2017Beschränkung der Kosten für Gemeinden (Gesundheitsgesetz-Notfalldienst)
Dokumente
Videovimeo.com

Welche Geschäfte hat der Kantonsrat beraten? Mit wie vielen Stimmen wurde eine parlamentarische Initiative abgelehnt? Und bei welchem Traktandum war ein Stichentscheid des Präsidenten nötig? Das «Bulletin» bietet eine Zusammenfassung aller Beschlüsse des Kantonsrates aus der letzten Sitzung.

Die Beschlüsse des Zürcher Kantonsrates vom 24. Januar 2022

Der Kantonsrat hat eine Antwort des Regierungsrates auf eine Interpellation von SP, Grünen und AL zur langen Bearbeitungsdauer bei Stipendiengesuchen zur Kenntnis genommen (KR-Nr. 437/2021). Die Regierung versprach Besserung.

Der Kantonsrat hat eine Antwort des Regierungsrates auf eine Interpellation von SP, GLP, Grünen und AL zum Nutzungskonflikt zwischen Atommüll-Tiefenlagern und Tiefengrundwasser zur Kenntnis genommen (KR-Nr. 438/2021). Die Interpellanten befürchten, dass im Zusammenhang mit dem geplanten Atomendlager das Thema Tiefengrundwasser nicht ausreichend abgeklärt wurde. Baudirektor Martin Neukom erklärte, dass Tiefengrundwasser für die Trinkwasserqualität keine Bedeutung habe.

Weil sich der Bund bisher nicht an den durch seine COVID-19-Verordnung 2 verursachten Kosten und Ertragsausfällen der Spitäler und Kliniken angemessen beteiligen wollte, wird der Kanton Zürich nun in Bern vorstellig (KR-Nr. 298/2020). Der Kantonsrat hat mit 130 zu 35 Stimmen entschieden, dazu eine Standesinitiative einzureichen. Vor Zürich schickten schon die Kantone Schaffhausen, Aargau, Tessin und Basel-Stadt identische Anliegen an den Bund – bisher ohne Erfolg.

Der Kantonsrat will die Rekursmöglichkeiten der Tierversuchskommission (TVK) nicht einschränken. Er hat eine parlamentarische Initiative der SVP mit 159 zu 5 Stimmen abgelehnt (KR-Nr. 230/2018). Mit der PI wurde verlangt, dass ein Rekurs gegen einen Tierversuch nur noch dann möglich sein soll, wenn eine Mehrheit der TVK dies fordert. Bisher brauchte es dafür nur drei der elf Stimmen. Auslöser für den Vorstoss war ein blockierter Affenversuch.

Das Parlament hat ein Postulat der FDP betreffend eine kostendeckende Finanzierung der Gerontopsychiatrie in Heimen ohne Gegenantrag als erledigt abgeschrieben (5754).

Der Betrieb der Triagestelle zur Koordination der Notfalldienste und Patientenvermittlung (das sogenannte Aerztefon), die derzeit durch die Ärztegesellschaft betrieben wird, wird per 2027 öffentlich ausgeschrieben (KR-Nr. 358/2017). Der Kantonsrat hat in erster Lesung einer geänderten PI der GLP zugestimmt, mit der eine entsprechende Änderung des Gesundheitsgesetzes gefordert wurde.

Der Kantonsrat hat eine parlamentarische Initiative der GLP mit 145 zu 21 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt, mit der die Gemeinden die Möglichkeit erhalten hätten, die Koordination der Notfalldienste auch anderweitig als über die Triagestelle zur Koordination der Notfalldienste und Patientenvermittlung (Aerztefon) sicherzustellen (KR-Nr. 359/2017).

Der Kantonsrat hat eine parlamentarische Initiative der GLP mit 165 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt, mit der für die Gemeinden eine Beschränkung der Kosten der Triagestelle zur Koordination der Notfalldienste und Patientenvermittlung (Aerztefon) auf maximal 2 Franken pro Einwohnerin oder Einwohner gefordert wurde (KR-Nr. 360/2017).

(sda)

##Am Montag im Kantonsrat
Fokusthema: Gesundheit


Der Zürcher Kantonsrat wird am Montag nach der Diskussion über die Antworten des Regierungsrates zu zwei dringlichen Interpellationen definitiv über fünf parlamentarische Initiativen entscheiden betreffend Kosten der COVID-19-Verordnung, Tierversuche und Aerztefon. Dazwischen steht die Abschreibung eines Postulates zur Finanzierung der Gerontopsychiatrie in Heimen an. Sollte vor Sitzungsende noch Zeit verbleiben, wird der Rat weitere Vorstösse behandeln, welche die Gesundheitsdirektion betreffen.


Dringliche Interpellationen zu Stipendien und Tiefenlager
Zu Beginn der Sitzung werden Bildungsdirektorin Silvia Steiner und Baudirektor Martin Neukom die Antworten zu zwei dringlichen Interpellationen im Kantonsrat vorlesen. Zuerst geht es um Fragen zur Dauer der Bearbeitung von Stipendiengesuchen (KR-Nr. 437/2021). SP-Kantonsrätin Sibylle Marti will mit Unterstützung von Grünen und AL vom Regierungsrat unter anderem wissen, wie er sich dazu stellt, dass stipendienberechtigte Personen aufgrund der langen Bearbeitungsdauer in die Sozialhilfe gedrängt würden. Bei der zweiten Interpellation geht es um den Nutzungskonflikt zwischen Atommüll-Tiefenlagern und Tiefengrundwasser (KR-Nr. 438/2021). SP-Kantonsrat Markus Späth möchte, unterstützt von GLP, Grünen und AL, wissen, wie die Regierung sicherstellen will, dass der Standortentscheid für atomare Tiefenlager erst getroffen wird, wenn die Nutzungskonflikte sorgfältig und für alle drei noch verbleibenden Standortgebiete gleich umfassend geklärt worden sind. Mit der Diskussion im Rat sind die beiden Geschäfte erledigt.

Sibylle Marti (SP, Zürich), 078 850 83 19
Markus Späth (SP, Feuerthalen), 079 620 33 91


Bund soll sich an Kosten der Spitäler wegen COVID-19-Verordnung beteiligen
Soll sich der Bund an den durch seine COVID-19-Verordnung 2 verursachten Kosten und Ertragsausfällen der Spitäler und Kliniken angemessen beteiligen? Ja, findet die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (KSSG) und beantragt dem Kantonsrat mit 10 zu 4 Stimmen, beim Bund eine Standesinitiative mit dieser Forderung einzureichen (KR-Nr. 298/2020). Die KSSG unterstützt damit eine parlamentarische Initiative (PI) von GLP-Kantonsrat Ronald Alder. Die COVID-19-Verordnung 2 verbot den Gesundheitseinrichtungen nicht dringend angezeigte medizinische Eingriffe und Therapien, um die Kapazitäten für die Aufnahme von COVID-19-Patientinnen und -Patienten sicherzustellen. Die Mehrheit der Kommission will mit der Standesinitiative die Verhandlungsposition des Kantons gegenüber dem Bund stärken und ein Zeichen setzen. Eine Minderheit aus Grünen und einem Teil der SP lehnt die PI ab wegen der bisher geleisteten Unterstützung des Bundes in vielen anderen Bereichen während der Corona-Pandemie. Eine weitere Minderheit (Mitte) lehnt die PI ab, weil sie davon ausgeht, dass bei einer Annahme der Standesinitiative die Kosten für den Kanton Zürich aufgrund des Finanzausgleichs sogar höher ausfallen könnten, da er als Geberkanton indirekt auch die Spitäler der anderen Kantone unterstützen müsste.

KSSG-Präsident: Benjamin Fischer (SVP, Volketswil), 079 394 13 37
Minderheit SP/Grüne: Nora Bussmann (Grüne, Zürich), 079 655 87 80
Minderheit Mitte: Lorenz Schmid (Die Mitte, Männedorf), 079 923 13 10


Rekursrecht bei Tierversuchen soll nicht geändert werden
SVP-Kantonsrat Claudio Schmid möchte, dass das Einlegen von Rekursen oder Beschwerden gegen die Bewilligung von Tierversuchen erschwert wird. Derzeit braucht es dazu lediglich die Stimmen von 3 der 11 Mitglieder der Tierversuchskommission (TVK). Neu – so Schmids Forderung mittels parlamentarischer Initiative (PI) – soll ein Rekurs oder eine Beschwerde nur noch möglich sein, wenn die Mehrheit der TVK dies fordert. Auslöser der Initiative war ein Primatenversuch, der aufgrund eines solchen Minderheits-Rekurses über mehrere Jahre hinweg blockiert war. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (KSSG) beantragt dem Kantonsrat mit 14 zu 1 Stimmen, die PI abzulehnen (KR-Nr. 230/2018). Sie kommt zum Schluss, dass die Mitglieder der TVK den problematischen Aspekten sachgemäss Rechnung tragen, und stellt fest, dass die Anzahl der heiklen Fälle sehr tief ist. In den letzten 20 Jahren gab es auf 11'000 Entscheide 12 Rekurse, lediglich 6 davon von einer Minderheit der TVK. Die KSSG sieht daher keinen Handlungsbedarf.

KSSG-Präsident: Benjamin Fischer (SVP, Volketswil), 079 394 13 37


Pflegegesetz soll bezüglich Langzeitpsychiatrie überprüft werden
Wie könnte ein zeitgemässes Vergütungssystem für die Pflege, Betreuung und Unterbringung von betagten pflegebedürftigen Psychiatriepatienten in der Langzeitpflege aussehen, das die tatsächlichen Aufwendungen deckt? Dies wollte FDP-Kantonsrätin Astrid Furrer mit einem Postulat vom Regierungsrat wissen, wobei der Fokus auf der finanziellen Beteiligung des Kantons an dieser Schnittstellenaufgabe von Gemeinden und Kanton liegen sollte. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (KSSG) hat den Bericht des Regierungsrates zur Kenntnis genommen und beantragt dem Kantonsrat, das Postulat als erledigt abzuschreiben (5754). Weitere Antworten verspricht sich die Kommission vom Bericht des Regierungsrates zu einem weiteren Postulat von Astrid Furrer betreffend zeitgemässe Spital- und Pflegefinanzierung (KR-Nr. 12/2020). Die KSSG sieht ein generelles Problem in der Langzeitpsychiatrie und stellt fest, dass das Pflegegesetz einer Überprüfung unterzogen werden sollte.

KSSG-Präsident: Benjamin Fischer (SVP, Volketswil), 079 394 13 37


Keine zwingende öffentliche Ausschreibung für den Betrieb des Aerztefons gefordert
Gemeinsam beraten wird der Kantonsrat drei parlamentarische Initiativen (PI) der GLP, welche die Triagestelle zur Koordination der Notfalldienste und Patientenvermittlung, das sogenannte Aerztefon, betreffen. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (KSSG) beantragt dem Kantonsrat, alle drei PI abzulehnen. Die Initiative von Altkantonsrat Daniel Häuptli, mit der eine zwingende öffentliche Ausschreibung für den Betrieb des Aerztefons gefordert wurde, beantragt die Mehrheit der Kommission allerdings in geänderter Form zur Annahme (KR-Nr. 358/2017). Mit 11 zu 4 Stimmen beantragt sie, eine Kann-Formulierung in das Gesundheitsgesetz aufzunehmen, wonach die Gesundheitsdirektion den Betrieb des Aerztefons ohne Ausschreibung an die Ärztegesellschaft des Kantons Zürich (AGZ) übertragen kann, diese Übertragung jedoch nicht zwingend ist. Die Kommissionsmehrheit begründet dies damit, dass sich das Aerztefon der AGZ bewährt habe und in der aktuellen Situation der Corona-Pandemie eine wichtige Rolle einnehme. Die Forcierung einer Neuausschreibung sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll. Eine Minderheit aus GLP und FDP hält an der Forderung der ursprünglichen PI fest. Sie ist der Ansicht, dass es zwingend eine Ausschreibung für den Betrieb der Triagestelle brauche. Die SVP-Fraktion hat am vergangenen Montag einen Änderungsantrag zu diesem Minderheitsantrag gestellt. Sie will sich der Forderung von GLP und FDP anschliessen, wenn die Ausschreibungspflicht – so ihr Kompromissvorschlag – um vier Jahre verschoben wird. Sind GLP und FDP damit einverstanden, könnte es im Rat für die geänderte PI doch noch eine Mehrheit geben.

Kaum Unterstützung erhielten in der KSSG die beiden anderen PI. GLP-Kantonsrat Christoph Ziegler will den Gemeinden die Möglichkeit geben, die Koordination der Notfalldienste auch anderweitig als über das Aerztefon sicherzustellen. Weil sich die Aerztefon-Telefonnummer bei den Bürgerinnen und Bürgern aber etabliert hat, will die grosse Mehrheit der Kommission nicht auf unterschiedliche, individuelle Lösungen im Kanton zurückgehen. Dies würde ihrer Meinung nach zu Verwirrung führen, weshalb sie die PI mit 14 zu 1 Stimmen ablehnt (KR-Nr. 359/2017). Eine GLP-Minderheit hält an der PI fest.

Gar einstimmig spricht sich die Kommission gegen die PI von GLP-Kantonsrat Ronald Alder aus. Dieser fordert für die Gemeinden eine Beschränkung der Kosten der Triagestelle auf maximal Fr. 2.00 pro Einwohnerin oder Einwohner (KR-Nr. 360/2017). Da die Kosten nach Angaben des Regierungsrates deutlich tiefer ausgefallen sind als ursprünglich erwartet und sich in der mit der PI geforderten Grössenordnung bewegen, erachtet die KSSG eine Gesetzesanpassung als unnötig.

KSSG-Präsident: Benjamin Fischer (SVP, Volketswil), 079 394 13 37
Minderheit FDP: Jörg Kündig (FDP, Gossau), 079 412 58 61
Minderheit GLP: Christoph Ziegler (GLP, Elgg), 079 769 34 36


Verstärkte Notfalldienst-Aufsicht und neue Ombudsstelle im Gesundheitswesen
Sollte der Kantonsrat vor Sitzungsende dazu kommen, wird er sich mit weiteren Vorstössen zu Gesundheitsthemen auseinandersetzen. AL-Kantonsrätin Nicole Wyss verlangt mit einer ursprünglich von Altkantonsrat Kaspar Bütikofer eingereichten und von SVP und Grünen unterstützten Motion gesetzliche Grundlagen, um die Aufsicht über den Notfalldienst zu verstärken (KR-Nr. 150/2019). Mitte-Kantonsrat Lorenz Schmid fordert mit einer von SP und GLP unterstützten Motion die Schaffung einer zentralen, unabhängigen Ombudsstelle für ambulante und stationäre Patientinnen und Patienten sowie für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitswesens (KR-Nr. 269/2020). Der Regierungsrat beantragt, beide Vorstösse abzulehnen.

Nicole Wyss (AL, Zürich), nicole-wyss@gmx.net
Lorenz Schmid (Die Mitte, Männedorf), 079 923 13 10


Diese Vorschau bietet einen Überblick über die Traktanden, die voraussichtlich behandelt werden. Alle weiteren Verhandlungsgegenstände sind auf der Traktandenliste aufgeführt.


Allgemeine Auskünfte zur Sitzung des Kantonsrats geben:
Benno Scherrer, Kantonsratspräsident, 077 445 44 49
Ronny Nicolussi, Medienbeauftragter, 043 259 20 12